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Krankheitsbilder

Nach dem ersten Lebensjahr lassen sich – je nach individuellem Ausprägungsgrad –beginnend erste Symptome beobachten. Im Verlauf der kindlichen Entwicklung können diese mehr und mehr zunehmen. Hinweise für Eltern sind etwa, wenn ihr Kind auf sie und andere Menschen nicht reagiert oder vorwiegend Dinge fixiert, nicht auf seinen Namen hört oder Augenkontakt vermeidet. Später können (Klein-)Kinder mit einer Autismus-Spektrum-Störung dazu neigen, Gegenstände aneinander zu reihen oder bestimmte Bewegungen wie Schaukeln und Gehen auf den Zehenspitzen ständig zu wiederholen. Eventuell verlernen sie bereits erworbene Fähigkeiten wieder, sprechen unklar oder nicht in ganzen Sätzen. Andere Kinder werden von ihnen ignoriert, später kann ein ausgeprägtes Festhalten an Routinen hinzukommen.

Eltern sollten nicht davon ausgehen, dass sich diese Verhaltensweisen „verwachsen“, sondern frühzeitig ihren Kinderarzt/ihre Kinderärztin darauf ansprechen, der/die an eine Fachperson aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie überweisen kann. Je eher eine fundierte Diagnostik erfolgt, desto eher kann eine spezifische Therapie beginnen und umso erfolgreicher kann diese dann auch je nach Typ und Schweregrad der Störung werden.

Nichts geht mehr: Menschen mit einer Autismus-Spektrum-Störung reagieren auf Reize viel sensibler als andere. Bei einer Überflutung mit sensorischen Eindrücken schalten sie zum Teil regelrecht ab. Dies wird als „Autismus-Shutdown“ bezeichnet. Betroffene ziehen sich dann in sich selbst zurück. Sie sind nicht mehr ansprechbar und äußern sich von sich aus nicht mehr. Eine reizarme, abgedunkelte Umgebung und Ruhe können lindernd wirken.

Ideal für sie sind regelmäßige, strukturierte Abläufe und konkrete Arbeitsanweisungen. Der Arbeitsplatz sollte reiz- und störungsarm sein. Es kann entlasten, im Homeoffice zu arbeiten oder allein in einem eigenen Büro. Der Trend hin zum Großraumbüro sowie zum Agilen Arbeiten mit wechselnden Teams und immer schneller wechselnden Aufgaben kann in besonderem Maße überfordern und Symptome verstärken. Auch die ungeschriebene Regel, gemeinsam mit anderen die Mittagspause in der lauten Kantine zu verbringen, kann dazu beitragen. Passen die Bedingungen jedoch, gelten Menschen mit ASS als äußerst gründlich und zuverlässig.

Aus medizinischer Sicht ist es nicht möglich, eine Autismus-Spektrum-Störung zu heilen. Dies liegt daran, dass Autismus die Persönlichkeitsstruktur der Menschen betrifft. Außerdem verfügen Menschen mit ASS neben autismustypischen Schwächen im Bereich der sozialen Interaktion auch über Stärken im logischen Denken und in der Wahrnehmung, die nicht geheilt, sondern als Ressource angesehen werden sollten.

Je nach Ausprägung und Schweregrad können psychotherapeutische Ansätze dazu beitragen, die soziale Interaktion und Kommunikation zu trainieren sowie sprachliche und kognitive Fähigkeiten zu fördern. Damit kann die gesellschaftliche Teilhabe verbessert werden. Im Zuge der aktuellen Debatte um „Neurodivergenz“ wird aber auch diskutiert, ob statt „Heilung“ nicht eher die „Akzeptanz des Andersseins“ und der Vielfalt des Menschseins im Vordergrund stehen sollte. Dazu würde gehören, etwa bessere Bedingungen am Arbeitsplatz für Menschen mit ASS zu schaffen.

Neben der Unterstützung hinsichtlich autismusspezifischer Schwierigkeiten darf die Behandlung von häufig vorliegenden, psychischen Begleiterkrankungen (vor allem Depression und Angststörungen) bei Personen mit einer ASS/Autismus nicht vergessen werden. In diesem Bereich bestehen die gleichen Möglichkeiten und Erfolgsaussichten wie bei Personen ohne Autismus.