Was sind Trauma- und Belastungsstörungen?
Schwerwiegende Ereignisse wie Krieg, Unfälle oder Gewalttaten lösen bei einigen Menschen eine psychische Ausnahmesituation aus – ein Trauma (Griechisch für: Wunde). Die Reaktionen, die Betroffene daraufhin zeigen, fallen unter die Bezeichnung Belastungsstörung. Viele Menschen sind wie betäubt, leiden an bruchstückhaften Erinnerungen (Flashbacks) und haben überwältigende Angstgefühle, dass sich das traumatische Erlebnis wiederholt. Diese Auswirkungen zeigen sich meist bereits wenige Minuten nach dem auslösenden Ereignis und halten im Rahmen einer akuten Belastungsstörung maximal vier Wochen an.
Zeigen sich Symptome erst Wochen, Monate oder sogar Jahre später und auch langfristig, handelt es sich um sogenannte Traumafolgestörungen. Dazu gehört zum Beispiel die Posttraumatische Belastungsstörung. Um die Entwicklung einer solchen langfristigen Erkrankung zu verhindern, ist es wichtig, dass Betroffene zeitnah nach der besonderen Belastung über diese sprechen und sie überwinden.
Welche Formen der Trauma-Erkrankungen und Belastungsstörungen gibt es?
Die Anpassungs- und Belastungsstörungen umfassen unterschiedliche Krankheitsbilder:
Akute Belastungsstörung
Diese Erkrankung wird häufig als Nervenzusammenbruch bezeichnet. Sie hält üblicherweise einige Stunden oder Tage an und setzt normalerweise kurz nach einem stark belastenden Ereignis ein – beispielsweise einem Verbrechen, einer Katastrophe, aber auch wenn sich die sozialen Beziehungen durch Tod oder Trennung plötzlich stark verändern.
Traumafolgestörung
Traumafolgestörungen sind eine Reihe von Erkrankungen, die in Folge einer Traumatisierung auftreten können. Dazu gehören die Posttraumatische Belastungsstörung und Dissoziative Krankheitsbilder, aber auch Depressionen, Angststörungen, Zwangsstörungen, Emotional-instabile Persönlichkeitsstörungen sowie Sexuelle Funktionsstörungen. Eine andere Bezeichnung für Traumafolgestörung ist Traumaassoziierte Störung.
Posttraumatische Belastungsstörung
Von einer Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) wird gesprochen, wenn die Beschwerden nach einem Trauma länger als vier Wochen anhalten. In manchen Fällen tauchen sie auch erst lange nach dem auslösenden Ereignis erstmals auf. Kennzeichen der Erkrankung sind das ständige Gefühl, bedroht zu sein, das Wiedererleben der traumatischen Situation, beispielsweise in Träumen, und die Vermeidung von Situationen, die mit dem Erlebnis verbunden sind.
Komplexe Posttraumatische Belastungsstörung
Haben Betroffene anhaltende Traumata erlitten, beispielsweise bei wiederholtem Kindesmissbrauch, gehen die Störungen und Symptome manchmal über die der Posttraumatischen Belastungsstörung hinaus. Die Betroffenen leiden dann unter einem verringerten Sicherheitsgefühl, fehlendem Urvertrauen und Schwierigkeiten bei Beziehungen mit anderen Menschen.
Dissoziative Störung
In Folge eines belastenden Erlebnisses spalten Betroffene manche Erinnerungen oder ganze Teile ihrer Persönlichkeit ab. Das üblicherweise als ganzheitlich empfundene stabile „Ich“ zerfällt bei der Dissoziativen Störung. Die Folgen können unter anderem Gedächtnisverlust, Flucht in eine neue Identität, Bewegungslosigkeit und Reaktionslosigkeit (dissoziativer Stupor) sowie Empfindungslosigkeit sein.
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Je nach Art der Belastungsstörung oder Trauma-Erkrankung treten unterschiedliche Symptome auf.
Akute Belastungsstörung
Bei der akuten Belastungsstörung kommt es meist zum Gefühl, betäubt zu sein, zu bruchstückhaften Erinnerungen, Schlafstörungen, innerer Unruhe, Konzentrationsstörungen und der Angst vor einer Wiederholung des auslösenden Ereignisses. Oft meiden Betroffene den Gedanken an das Erlebnis.
Traumfolgestörungen
Traumfolgestörungen zeigen sich in jeweils eigenständigen Krankheitsbildern mit eigenen Symptomen. Zum Beispiel: Depressionen, Burn-out, Anpassungsstörung, Alkoholabhängigkeit, Medikamentenmissbrauch, Persönlichkeitsstörungen, Angststörungen, Essstörungen.
Posttraumatische Belastungsstörung
Bei der Posttraumatischen Belastungsstörung kann es zu diesen Symptomen kommen:
Wiedererleben
Manchmal bewusst in Form von ungewollten Erinnerungen, manchmal in Form von Albträumen erleben Betroffene Teile der traumatischen Erfahrung immer wieder. Das bewusste Wiedererleben wird von auslösenden Reizen verursacht und überflutet die Betroffenen mit den damit verbundenen negativen Gefühlen.
Vermeidung
Betroffene versuchen, die Reize zu vermeiden, welche die belastenden Erinnerungen hervorrufen könnten. Dadurch vermeiden sie teils bestimmte Bereiche des Alltags, was zu Einschränkungen führen kann. Auch bloße Gedanken an das Erlebte werden unterdrückt, und es ist den Betroffenen nicht möglich, darüber zu sprechen.
Gefühlstaubheit
Um negative Gefühle gar nicht erst an sich herankommen zu lassen, erleben sich manche Betroffene wie „emotional betäubt“, fühlen sich anderen Menschen gegenüber abgestumpft, gleichgültig und teilnahmslos.
Übererregtheit
Viele Betroffene leiden unter Schlafstörungen, sind leicht reizbar, haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, oder sind sehr schreckhaft. Hinzu kommen körperliche Symptome wie Zittern, Schweißausbrüche oder Herzrasen.
Woran erkenne ich, ob ich unter einem Trauma oder einer Belastungsstörung leide?
- Ich habe schon einmal oder mehrfach ein sehr bedrohliches Ereignis erlebt, nachdem ich mich ohnmächtig, verzweifelt und hilflos gefühlt habe
- Ich wurde körperlich oder sexuell missbraucht
- Ich habe das Gefühl, mit dem Ereignis nicht gut umgehen zu können
- Ich muss immer wieder an das Ereignis denken, obwohl ich das nicht will
- Wenn ich mich an das Ereignis erinnere, fühle ich mich wieder ohnmächtig und hilflos
- Ich habe Schwierigkeiten einzuschlafen und durchzuschlafen
- Ich leide unter Albträumen, in denen das Ereignis eine Rolle spielt
- Ich bin sehr leicht reizbar und neige zu Wutausbrüchen
- Ich fühle mich schuldig und mache mir Vorwürfe o Ich bin extrem wachsam und sehr schreckhaft
Hier kommen Sie zum Selbsttest Posttraumatische Belastungsstörung.
Wie erkennt eine Ärztin oder ein Arzt, ob ich an einem Trauma oder einer Belastungsstörung leide?
In einem ausführlichen Gespräch erfragen Ärztin oder Arzt die Krankengeschichte und machen sich ein Bild über die Beschwerden sowie die aktuelle Lebenssituation des oder der Betroffenen. Um die Interviews zu strukturieren, werden standardisierte Fragebögen eingesetzt. Ziel ist es, das traumatische Erlebnis herauszuarbeiten, das der Störung zugrunde liegt. Daneben werden weitere mögliche psychische Erkrankungen durch entsprechende Untersuchungen ausgeschlossen.
Akute Belastungsstörungen erfordern meist keine Behandlung. Sie werden erst als psychische Störung angesehen, wenn sie übermäßiges Leid verursachen oder die Leistungsfähigkeit einschränken. Wichtig für Betroffene ist jedoch, über das belastende Ereignis zu sprechen, um es verarbeiten zu können.
Menschen, die unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung leiden, sollten ebenfalls über das Erlebte reden. Sie sollten versuchen, sich immer wieder zu vergegenwärtigen, dass die Situation vorbei ist und dass wieder Sicherheit herrscht. Deshalb empfiehlt es sich, die gewohnten alltäglichen Rituale so schnell wie möglich wieder aufzunehmen. Um Angst- oder Spannungszustände zu überwinden, sind Bewegung, Aktivitäten an der frischen Luft und Sport empfehlenswert. Betroffene sollten es vermeiden, sich in Betäubung beispielsweise durch Alkohol, Schlafmittel oder Drogen zu flüchten. Ebenfalls wichtig sind regelmäßiges und ausreichendes Essen und Trinken, um den Körper mit der nötigen Energie zu versorgen.
Angehörige und Freunde können einen Menschen, der unter einem Trauma oder einer Posttraumatischen Belastungsstörung leidet, vor allem durch ihre Anteilnahme unterstützen. Aufmerksamkeit, Zuhören und Respekt vor den Gefühlen der Betroffenen können erheblich dazu beitragen, dass sich die Betroffenen von der Störung erholen. Da professionelle Hilfe wie eine Psychotherapie in vielen Fällen empfehlenswert ist, können Angehörige die Betroffenen auch bei der Suche nach geeigneten Therapeutinnen oder Therapeuten unterstützen. Ratsam ist, dass sich Angehörige selbst mit der Erkrankung vertraut machen, sodass sie wissen, welche Symptome auftreten und wie sie am besten mit ihnen umgehen können. Austausch zu dem Thema bietet das Curamenta-Forum.
Bei einer Posttraumatischen Belastungsstörung eignet sich in den meisten Fällen die Psychotherapie als Behandlungsmethode. Ideal dafür sind Therapeutinnen oder Therapeuten, die über eine ausgewiesene Expertise auf dem Gebiet der Traumatherapie verfügen. Abhängig davon, wie schwer die Erkrankung ist und wie stark die Einschränkungen im Alltag sind, können Betroffenen eine ambulante, teilstationäre oder stationäre Therapie in Anspruch nehmen. Das Ziel der Therapie ist, Symptome zu verringern oder ganz zu beseitigen, sodass die Patientinnen und Patienten stabilisiert in ihren Alltag zurückkehren können.
Bei einer Posttraumatischen Belastungsstörung mit ausgeprägten Symptomen können Psychopharmaka eingesetzt werden, beispielsweise Antidepressiva. Auch Schlaf und Beruhigungsmittel können verordnet werden, um die Übererregung zu mildern und für besseren Schlaf zu sorgen.
Belastungsstörungen werden stets durch ein besonders schwerwiegendes Ereignis ausgelöst, das die Betroffenen selbst erlebt oder beobachtet haben. Dazu zählen Krieg, Unfälle, Gewalttaten, Naturkatastrophen oder Missbrauch. Bis zu einem gewissen Grad sind die psychischen Reaktionen auf solche traumatisierenden Ereignisse ganz normal, etwa im Rahmen der akuten Belastungsstörung.
Bei langwierigen und damit krankhaften Traumafolgestörungen wie der Posttraumatischen Belastungsstörung können genetische Faktoren das Risiko erhöhen, die Krankheit zu entwickeln. Gab es in der Vergangenheit in der Familie bereits psychische Erkrankungen oder Traumata, steigt die Wahrscheinlichkeit ebenfalls. Weitere begünstigende Einflussfaktoren sind mangelnde soziale Unterstützung nach dem traumatischen Erlebnis, Länge und Dauer des Traumas, niedriger sozio-ökonomischer Status sowie psychische Erkrankungen in der eigenen Krankheitsgeschichte.
Als Flashbacks bezeichnet man die plötzlich aufblitzenden Erinnerungen an das traumatische Erlebnis. Sie können durch kleinste Reize oder Assoziationen ausgelöst werden, wie Geräusche oder Düfte. Betroffene bekommen Herzrasen und Panik und empfinden ähnlich wie in der ursprünglichen auslösenden Situation.
Ein Weg, um die Flashbacks während ihres Auftretens einzudämmen, ist sich sinnlich bewusst zu machen, dass man sich im Hier und Jetzt befindet. Zum Beispiel, indem man sich selbst kneift, ein paar Schritte geht oder an einem wohltuenden Duft riecht. Über die bewusste Wahrnehmung der gegenwärtigen Realität soll erreicht werden, die Erinnerung als Erinnerung einzuordnen.
Um einen ersten Überblick zu gewinnen, ob Sie möglicherweise an einer Belastungsstörung leiden, bietet Curamenta Ihnen einen Test zur Posttraumatischen Belastungsstörung. Er liefert jedoch keine Diagnose. Diese kann nur durch ärztliche Abklärung erfolgen. Bitte zögern Sie nicht, bei Unsicherheit einen Termin bei einer Ärztin oder einem Arzt abzumachen.