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Psychosomatische Erkrankungen

Ähnliche Begriffe: Somatisierungsstörung, Somatoforme Störung

Bei psychosomatischen Erkrankungen werden für körperliche Beschwerden keine körperlichen Symptome gefunden. An der Entstehung und Fortdauer der körperlichen Symptome sind psychische und soziale Faktoren maßgeblich beteiligt.

Allgemeines
Was sind psychosomatische Erkrankungen?

Psyche und Körper beeinflussen sich bei gegenseitig: So kann sich eine psychische Störung in körperlichen Beschwerden äußern. Andersherum kann sich ein körperliches Leiden auf die Psyche auswirken. Die Psychosomatik untersucht und therapiert Erkrankungen, deren Entstehung und Verlauf durch Wechselwirkungen zwischen psychischen, biologischen und auch sozialen Faktoren geprägt ist. Der Begriff Psychosomatik setzt sich zusammen aus den griechischen Bezeichnungen „Soma“ für Körper und „Psyche“ für Seele.

Psychosomatische Erkrankungen werden auch als somatoforme Störungen bezeichnet. Solche Erkrankungen und Beschwerden können in vielen verschiedenen Formen auftreten. Besonders häufig sind Probleme mit Magen und Darm, Müdigkeit, Schmerzen im Rücken oder Nacken sowie Herzkreislaufprobleme. Wichtig ist, dass die Beschwerden keine Einbildung sind und die Lebensqualität der Betroffenen beeinträchtigen. Auslöser können Stress, Ängste oder traumatische Erlebnisse sein.

Daneben gibt es zahlreiche Krankheiten, die zwar nicht wesentlich durch psychische Belastungen entstehen, durch sie aber begünstigt und verschlimmert werden. Dazu gehören zum Beispiel Magengeschwüre, Herzinfarkt, Hörsturz, Neurodermitis, Bandscheibenvorfälle, Bluthochdruck, aber auch Zuckerkrankheit (Diabetes), rheumatische Erkrankungen, Multiple Sklerose und weitere.

Die psychosomatische Medizin befasst sich auch mit Fragen der Krankheitsverarbeitung bei körperlichen Erkrankungen, die einen Einschnitt und eine Veränderung im Leben des Menschen bedeuten.

 

Welche Formen von psychosomatischen Erkrankungen gibt es?

Unter den somatoformen funktionellen Störungen wird zwischen verschiedenen Formen unterschieden:

 

Somatisierungsstörung

Betroffene leiden seit mindestens zwei Jahren zeitgleich an unklaren Beschwerden in mehreren unterschiedlichen Organbereichen. Zum Beispiel Schmerzen in mehreren Körperteilen, Magen-Darm-Beschwerden, Herzkreislaufbeschwerden, Schwindel, etc.


Undifferenzierte Somatisierungsstörung

Betroffene leiden seit mindestens sechs Monaten an einer oder mehreren unklaren körperlichen Beschwerden, für die Ärztinnen und Ärzte keine körperliche Ursache gefunden haben. Es ist auch möglich, dass eine leichte körperliche Erkrankung besteht, diese das Ausmaß der Beschwerden aber nicht erklären kann.


Somatoforme autonome Funktionsstörung

Hierbei erleben Betroffene eine verstärkte Reizung eines Organs oder Organsystems, das vom vegetativen Nervensystem gesteuert wird. Typische Symptome sind zum Beispiel das Reizdarm-Syndrom oder Tinnitus.


Anhaltende somatoforme Schmerzstörung

Die Beschwerden der Betroffenen bestehen aus körperlich nicht erklärbaren Schmerzen, die über einen langen Zeitraum anhalten.


Hypochondrische Störung

Betroffene haben ausgeprägte Angst davor, schwer zu erkranken. Jede Beschwerde wird als Symptom interpretiert, wodurch der Alltag stark belastet werden kann. Betroffene neigen auch zu Selbstuntersuchungen und häufigen Besuchen bei Ärztinnen und Ärzten.

Hier kommen Sie zu der Karte mit den Trägerstandorten.

Symptome

Je nach individueller Ausprägung einer somatoformen Störung sind die Symptome höchst unterschiedlich. Sie können sich theoretisch im ganzen Körper und an allen Organsystemen äußern. Zentral bleibt: Auch wenn keine körperlichen Ursachen für die Beschwerden gefunden werden, so sind die Symptome dennoch real vorhanden. Betroffene werden in ihrer Lebensqualität davon teils stark beeinträchtigt.

Häufige Symptome sind:
  • Schmerzen im Kopf, Rücken, Nacken, in Gelenken oder Muskeln
  • Magen-Darm-Probleme wie Übelkeit, Völlegefühl, Krämpfe Verdauungsbeschwerden, Reizmagen, Reizdarm, Blähungen, Bauchschmerzen, Schmerzen im Bereich des Anus, Schmerzen im Unterbauch
  • Reizblase, Druckgefühl und Schmerzen im Genitalbereich, Sexuelle Funktionsstörungen
  • Herzrasen, Herzstolpern
  • Tinnitus
  • Atembeschwerden, Atemnot, Husten
  • Schwindel
  • Gefühl der Taubheit oder des Kribbelns der Haut, Gangstörungen, Krampfanfälle
  • Zittern
  • Kiefergelenksbeschwerden und Gesichtsschmerz
  • Diffuse Missempfindungen an verschiedenen Körperteilen

 

Woran erkenne ich, ob ich unter einer psychosomatischen Erkrankung leide? 
  • Für meine körperlichen Beschwerden wird keine eindeutige organische Ursache gefunden.
  • Selbst unterschiedliche Behandlungen konnten mir nicht helfen, die Beschwerden loszuwerden oder bedeutend zu lindern.
  • Meine Symptome belasten mich und mindern meine Lebensqualität.
Diagnostik
Wie erkennt eine Ärztin oder ein Arzt, ob ich an einer psychosomatischen Erkrankung leide? 

Psychosomatische Erkrankungen zeigen sich durch körperliche Symptome und können grundsätzlich auch durch eine körperliche Erkrankung verursacht sein. Daher werden im Rahmen der Diagnostik Ärztinnen und Ärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie beziehungsweise für Psychiatrie und Psychotherapie immer auch den Körper untersuchen und bereits vorliegende Befunde prüfen. Auf diese Weise lassen sich bestimmte körperliche Erkrankungen ausschließen. Dafür werden je nach Beschwerden Laboruntersuchungen, bildgebende Verfahren wie Röntgen, Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT), Ultraschalluntersuchung (Sonografie) oder andere diagnostische Maßnahmen angewandt.

Durch Ausschluss einer körperlichen Erkrankung liegt jedoch noch keine Diagnose vor. Die Diagnose einer psychosomatischen Störung – also einer psychischen Ursache der körperlichen Beschwerden – muss durch eine gründliche psychosomatische Untersuchung und Testung abgeklärt werden. Im weiteren Verlauf kommt es daher zu ausführlichen diagnostischen Gesprächen mit Ärztin oder Arzt sowie ärztlichen und psychologischen Psychotherapeutinnen oder -therapeuten. Dabei werden zum Beispiel aktuelle und frühere Stressbelastungen, die berufliche und familiäre Situation, belastende Erlebnisse und Verluste, ungelöste Konflikte und Vorerkrankungen abgefragt. Über diese psychologische Diagnostik werden mögliche psychische Erkrankungen ermittelt.

Aufgrund ihrer Beschaffenheit kann es schwierig sein, eine psychosomatische Erkrankung als solche zu erkennen. Wichtig ist, dass zur Diagnostik alle notwendigen Untersuchungen erfolgen. Je früher eine psychosomatische Erkrankung erkannt wird, desto höher sind die Heilungschancen.

Behandlungsmöglichkeiten

Therapieformen

Für die Behandlung psychischer oder psychosomatischer Erkrankungen gibt es viele verschiedene Therapieformen. Die häufigsten werden hier erläutert.

Behandlungsformen

Ambulant, stationär, zu Hause, per Video oder eine Mischung daraus: Es gibt verschiedene Formen der psychiatrischensowie psychosomatischen Behandlung. Alle gängigen Behandlungsformen werden hier erläutert.

Medikamentöse Therapie

In psychiatrischen Behandlungen werden Medikamente eingesetzt. Die sogenannten Psychopharmaka wirken auf den Stoffwechsel im Gehirn und damit auf die Psyche ein. Richtig dosiert und in Kombination mit anderen Therapiemaßnahmen, können sie psychisch Erkrankte gut unterstützen. Je nach Krankheitsbild helfen verschiedene Arten von Psychopharmaka, die hier erläutert werden.

Psychoedukation

Wissen und Verständnis sind zentral, um eine psychische Erkrankung zu akzeptieren und zu bewältigen. Mittels Psychoedukation werden Betroffene und Angehörige aufgeklärt und geschult.

Häufig gestellte Fragen
Hier haben wir die wichtigsten Fragen und Antworten zum Krankheitsbild für Sie zusammengestellt.

Eine rein psychische Erkrankung bezieht sich auf eine Störung der Psyche. Sie wirkt sich primär in psychischen Symptomen aus, die das Denken, Fühlen und Handeln betreffen. Auch körperliche Symptome sind möglich – diese sind jedoch eindeutig Teil dieser psychischen Erkrankung. Anders bei psychosomatischen Erkrankungen. Betroffene nehmen dabei vorrangig körperliche Beschwerden wahr. Sie sind oft davon überzeugt, dass die Störung eines Organs vorliegt, und sind beunruhigt, wenn ihnen negative Befunde mitgeteilt werden. Da häufig keine psychischen Symptome vorliegen, können sich die Betroffenen, ihre Angehörigen, Freundinnen und Freunde nur schwer vorstellen, dass die Ursache dennoch in der Psyche liegt. Die psychische Grunderkrankung drückt sich also bei psychosomatischen Erkrankungen über den Körper aus.

Wichtig ist, die erkrankte Person ernst zu nehmen. Auch wenn es keine körperliche Ursache für die Beschwerden gibt, sind sie dennoch da und beeinträchtigen die Betroffenen. Drei zentrale Verhaltensweisen, mit denen Angehörige den Erkrankten helfen können sind: Geduld im Umgang, Zuhören sowie Unterstützen und Bestärken in der Suche nach einer passenden psychosomatischen Behandlung. Dabei sollten Angehörige aber stets darauf achten, dass sie ihre eigenen Grenzen nicht überschreiten und ihre Kräfte einteilen. Das Curamenta-Forum bietet die Möglichkeit zum Austausch mit anderen Angehörigen.

Die Ursachen von psychosomatischen Krankheiten sind vielfältig. Möglich sind beispielsweise Stress, Angst und Sorgen, Trauer, Trennung, partnerschaftliche Konflikte, traumatische Erlebnisse oder Verluste. Auch verschiedene Lebenssituationen wie zum Beispiel Migration können mit Stress einhergehen und zu psychosomatischen Beschwerden führen. Häufig sind psychische Belastungsfaktoren verdrängt und nicht direkt erkennbar. Sie führen aber zu unterschiedlichen körperlichen Reaktionen: Muskeln verkrampfen sich, Stresshormone behindern die ausreichende Versorgung und Entspannung des Körpers, der Schlaf ist gestört, der Stoffwechsel ändert sich, Organe werden nicht ausreichend versorgt. Hält dieser Zustand über längere Zeit an, können körperliche Schmerzen und andere Symptome entstehen, die sich im schlimmsten Fall „verselbstständigen“. Die Beschwerden führen meist zu noch größeren Belastungen, die wiederum die Symptome verschlimmern können – ein Teufelskreis entsteht.

Depressionen sind eine primär psychische Erkrankung. Sie wirken sich jedoch zum Teil stark in körperlichen Symptomen aus. Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Schlafstörungen und Magen-Darm-Beschwerden kommen häufig vor. Depressionen können aber auch zusammen mit somatoformen Störungen auftreten.

 

Da die Ursache für die Erkrankung im seelischen Bereich liegt, muss hier auch die Therapie ansetzen. Daher kommt für die Behandlung von psychosomatischen Erkrankungen vor allem die Psychotherapie in Betracht. Diese arbeitet mit unterschiedlichsten Methoden. Im Kern besteht die psychotherapeutische Arbeit darin, die Ursachen von psychosomatischen Erkrankungen zu erkennen und zu verstehen. Diese liegen nicht selten in den tieferen Schichten des Bewusstseins verborgen.

Entspannungstechniken, Ergotherapie, Sozialtherapie sowie Bewegungs- und Körpertherapie können ergänzend zum Einsatz kommen. In der Behandlung von psychosomatischen Erkrankungen spielen Medikamente (Psychopharmaka) eine untergeordnete Rolle. Sie werden meist dann eingesetzt, wenn sie notwendig sind, um eine Behandlung überhaupt erst möglich zu machen.

Psychosomatische Erkrankungen sind reale Erkrankungen, die unbehandelt schwerwiegende Folgen nach sich ziehen können. Empfinden Betroffene beispielsweise dauerhaft Schmerzen und greifen wiederholt zu Schmerzmitteln, kann sich eine Abhängigkeitserkrankung entwickeln, die ihrerseits Beschwerden mit sich bringt. Ein anderes Beispiel wäre, wenn Betroffene aufgrund ihrer psychosomatisch bedingten Beschwerden nicht mehr vollumfänglich am Alltagsleben teilnehmen. Mangelnde soziale Kontakte und Einschränkungen auch bei freudvollen Unternehmungen können zu depressiven Verstimmungen führen.

Insofern sollten somatoforme Störungen in jedem Fall behandelt werden, bevor sie weitere noch schwerwiegendere Erkrankungen nach sich ziehen.

Die Behandlung psychosomatischer Erkrankungen ist sehr individuell. Vielen Betroffenen hilft es, nach langen Abklärungen eine Diagnose zu haben. Wichtig ist dann, sich auf mögliche verordnete therapeutische Maßnahmen einzulassen und einen Umgang mit der neuen Situation zu finden. Daneben sollten Betroffene auf ihre eigenen Bedürfnisse achten und sich auf Dinge fokussieren, die ihnen gut tun.

Der Austausch mit anderen, auch mit anderen Betroffenen, kann unterstützend wirken. Möglich ist dies zum Beispiel über Selbsthilfegruppen oder das Curamenta-Forum.