Was ist eine Bipolare Störung?
Alle Menschen haben mal gute und mal schlechte Tage. Eine bipolare Störung versursacht jedoch extreme Stimmungsschwankungen, die über das gesunde Maß weit hinaus gehen. Dabei wechseln sich Phasen des Hochgefühls (Manie) mit Tiefphasen (Depressionen) ab.
In der manischen Phase sind Betroffene euphorisch, voller Energie und Tatendrang, überschätzen sich selbst und sind von innerer Unruhe getrieben. In der depressiven Phase sind sie antriebslos, niedergeschlagen, ängstlich und im Extremfall suizidgefährdet. Unbehandelt sind die emotionalen Schwankungen für Betroffene kaum zu kontrollieren. Sie treten zudem unabhängig davon auf, in welcher Lebenssituation sich Betroffene gerade befinden.
Da die Dauer und Intensität der beiden Phasen sehr unterschiedlich sein können, wird die Erkrankung oft nicht richtig diagnostiziert. Betroffene erleben meist starke Beeinträchtigungen im alltäglichen Leben und haben einen hohen Leidensdruck. Je früher die Erkrankung erkannt wird, desto besser kann ein Umgang damit gefunden werden. Auch wenn Bipolare Störungen nicht heilbar sind, sind sie doch gut zu behandeln – meist mit einer Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie.
Welche Formen der Bipolaren Störung gibt es?
Bipolare Störungen werden folgendermaßen klassifiziert:
Bipolar-I-Störung
Hierbei wechseln sich manische und depressive Phasen ab. Beide Episoden sind dabei gleich intensiv.
Bipolar-II-Störung
Auch hier tauchen manische und depressive Phasen auf. Jedoch sind die Manien, also die euphorischen Stimmungen, schwächer. Sie werden auch als Hypomanie bezeichnet.
Zyklothymia
Eine Zyklothymia ähnelt der Bipolaren Störung. Auch dabei wechseln sich Phasen von Hochgefühl und depressiven Phasen ab. Sie sind jedoch beide weniger stark ausgeprägt.
Manie
In etwa fünf Prozent der Fälle tritt die Manie einzeln, das heißt unipolar auf. Wesentlich häufiger kommt die Manie jedoch im Rahmen der Bipolarität vor.
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Das übergreifende Symptom einer Bipolaren Störung ist, dass die extremen Stimmungen auftreten und sich immer wieder abwechseln. Manische und depressive Phasen können jeweils zwischen einigen Tagen und mehreren Monaten anhalten. Dazwischen können sich Betroffene auch völlig beschwerdefrei und stabil fühlen, selbst über einen längeren Zeitraum hinweg.
Typische Symptome der manischen Phase:
- Übersteigerung von Gefühlen, Euphorie
- Ruhelosigkeit, rasende Gedanken, Rededrang
- Gesteigertes und überhöhtes Selbstvertrauen
- Soziale Enthemmtheit
- Gesteigertes sexuelles Verlangen und sexuelle Enthemmung
- In schweren Fällen auch psychotische Symptome
Typische Symptome der depressiven Phase:
- Antriebslosigkeit
- Ausgeprägte Gleichgültigkeit
- Konzentrationsstörungen
- Entscheidungsschwierigkeiten
- Schlafprobleme
- Gedanken an Tod und Suizid
- Selbstvorwürfe und Schuldgefühle
Manische und depressive Symptome können auch gleichzeitig auftreten. Dann sind die Betroffenen besipielsweise hyperaktiv und überreizt, zugleich aber auch niedergeschlagen.
Woran erkenne ich, ob ich unter einer Bipolaren Störung leide?
- Ich erlebe starke Gefühlsschwankungen, bin abwechselnd eine Zeitlang rastlos (manische Episode) und dann wieder sehr niedergeschlagen (depressive Episode).
- In der depressiven Episode fühle ich mich lustlos, grüble viel und habe Konzentrationsschwierigkeiten.
- Ich bin weniger belastbar als sonst, will mehr schlafen, leide aber gleichzeitig unter Schlafstörungen.
- Mein Selbstvertrauen ist verringert, ich zweifle oft an mir selbst und habe Schuldgefühle.
- In der manischen Episode habe ich viel mehr Energie als sonst, bin sehr aktiv und voller Tatendrang.
- Ich bin bester Stimmung und habe ohne besonderen Grund gute Laune.
- Ich wechsle häufig die Dinge, für die ich mich engagiere.
- Ich bin körperlich sehr unruhig und muss mich viel bewegen.
- Ich bin für soziale Kontakte offener als sonst.
- Mein sexuelles Interesse ist stark erhöht.
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Wie erkennt eine Ärztin oder ein Arzt, ob ich an einer Bipolaren Störung leide?
Eine Bipolare Störung können Ärztinnen oder Psychotherapeuten nur im intensiven Gespräch mit der betroffenen Person diagnostizieren. Voraussetzung dafür ist, dass Betroffene sich ihre mögliche Erkrankung eingestehen. Da dies oft nicht der Fall ist, geht der Wunsch nach einer Diagnose häufig von den Angehörigen aus. Sie werden meist generell in die Diagnosestellung einbezogen.
Im Gespräch versuchen Ärztin oder Arzt, die Symptome für die Bipolare Störung festzustellen. Dabei beachten sie nicht nur die aktuellen Gefühlsschwankungen, sondern bewerten auch vergangene Episoden. Bei der Diagnose ist zudem wichtig, eine eventuell vorliegende familiäre Vorbelastung abzuklären. Um sicherzugehen, und die Symptome der Bipolarität von anderen psychischen und physischen Krankheiten abzugrenzen, sind auch körperliche Untersuchungen nötig.
Betroffene können ihre Behandlung unterstützen, indem sie sich möglichst umfassend über Bipolare Störungen informieren. Das gibt ihnen einerseits mehr Sicherheit in der Beurteilung des eigenen Zustands, andererseits können sie so den Behandelnden möglicherweise besser Auskunft geben.
Hilfreich kann es auch sein, sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Viele an Bipolarität Erkrankte und deren Angehörige organisieren sich in Selbsthilfegruppen in ganz Deutschland. Der Austausch lohnt sich, da Betroffene ihre eigene Kompetenz im Umgang mit der Krankheit erhöhen und – wie Studien zeigen – dadurch Klinikaufenthalte verkürzen können. Das Curamenta-Forum bietet eine erste Anlaufstelle, um auch außerhalb von organisierten Gruppen in Kontakt zu treten.
Über die Informationen und den Austausch hinaus, wird bei Bipolaren Störungen auch empfohlen, den eigenen Lebenswandel auf die Krankheit abzustimmen. Betroffene sollten versuchen, sich nicht übermäßigem Stress und Überforderung auszusetzen, da diese zu den auslösenden Faktoren gehören. Auch psychoaktive Substanzen (Drogen) und Alkohol zählen dazu und sollten vermieden werden.
Angehörige von an Bipolarität Erkrankten spielen bei der Behandlung eine große Rolle. Sie sind es meist, die erste Anzeichen der Erkrankung feststellen und die Betroffenen dazu bringen, sich untersuchen zu lassen. Auch im weiteren Verlauf der Erkrankung sind Angehörige wichtig, um die Betroffenen zu stabilisieren. Wenn sich die Erkrankten beispielsweise in depressiven Phasen von sozialen Kontakten zurückziehen, können Angehörige diesem Rückzug durch erhöhte Aufmerksamkeit entgegenwirken.
Manische Phasen stellen für Angehörige häufig eine erhebliche Belastung dar. Sie sollten sich angesichts von gereiztem und aggressivem Verhalten seitens der Erkrankten immer wieder klar machen, dass dies Symptome der Krankheit sind und keine persönlichen Angriffe. Angehörige sollten auch darauf achten, sich selbst nicht zu überlasten und externe Hilfe in Anspruch nehmen. Das können Ärztinnen, Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten sein, aber auch Selbsthilfegruppen, in denen sie sich mit anderen Angehörigen austauschen können. Diese Möglichkeit bietet auch das Curamenta-Forum.
Mehr zum Thema Hilfe für Angehörige finden Sie zudem hier.
Eine Heilung von Bipolaren Störungen ist bislang nicht möglich. Allerdings bestehen gute Behandlungsmöglichkeiten, die stets sehr individuell auf die Betroffenen abgestimmt sind. Das gilt für die akute ebenso wie für die vorbeugende Behandlung, die manische und depressive Phasen verhindern soll.
Die Behandlung besteht immer aus einer Kombination von Medikamenten und Therapie. Die Medikamente normalisieren im akuten Fall den Zustand der Betroffenen und verhindern weitere Phasen. Der therapeutische Teil der Behandlung hilft dabei, die Bipolare Störung zu kontrollieren und Betroffene zu befähigen, ihren Alltag zu bewältigen. Der Fokus liegt unter anderem darauf, auslösende Stressfaktoren und emotionale Probleme zu erkennen sowie den Lebensrhythmus zu stabilisieren – beispielsweise für ausreichend Schlaf zu sorgen. Möglich sind verschiedene psychotherapeutische Ansätze wie die interpersonelle Psychotherapie, die kognitive Verhaltenstherapie oder familientherapeutische Verfahren.
Unbehandelte Bipolare Störungen können für Betroffene sehr gefährlich werden. Die Suizidrate ist hoch. Etwa 15 Prozent aller Betroffenen scheiden aus dem Leben, noch mehr unternehmen im Verlauf der Erkrankung einen Suizidversuch. Das liegt unter anderem an der Fallhöhe am Ende einer Manie, wenn die euphorischen Gefühle verschwinden und die Realität die Erkrankten einholt. Eine frühzeitige Diagnose ist darum wichtig, denn mit der richtigen Therapie können Betroffene einen Umgang mit der Krankheit finden und ein relativ normales Leben führen.
Verschiedene biologische und psychosoziale Faktoren können gemeinsam zu einer Bipolaren Störung führen. Dazu zählen einerseits genetische, also erbliche Vorbelastungen, andererseits vor allem Stress – wobei der Faktor Vererbung wohl eine größere Rolle spielt. Allerdings sind Bipolare Störungen keine eigentliche Erbkrankheit, die durch ein einzelnes defektes Gen ausgelöst wird.
Die aktuelle Forschung geht vom Zusammenspiel mehrerer genetischer Faktoren aus: Die Hälfte aller Betroffenen haben Angehörige, die ebenfalls unter der Krankheit leiden. Bei den psychosozialen Faktoren steht der Stress im Vordergrund, der durch besonders belastende Lebensereignisse oder Situationen entsteht. Dazu können beispielsweise eine Trennung, der Tod eines nahen Angehörigen zählen, aber auch eigentlich positive Ereignisse, wie Heirat oder der Eintritt in die Rente. Überwiegend tritt die Erkrankung im frühen Erwachsenenalter erstmalig auf.
Unbehandelt schränkt eine Bipolare Störung das Leben der Betroffenen mitunter stark ein. Da die Erkrankung nicht heilbar ist, ist ihre Behandlung umso wichtiger. Mittels Medikamenten und psychotherapeutischen Verfahren können Betroffene die extremen Stimmungsschwankungen in den Griff bekommen und das Auftreten von Episoden sogar reduzieren. Zentral ist jedoch, dass Patientinnen und Patienten sich strikt an die Einnahme ihrer Medikamente sowie ihre gesamten Therapiemaßnahmen halten.
Daneben ist es wichtig, dass Menschen mit Bipolarer Störung gut über die Erkrankung aufgeklärt sind, etwa durch Psychoedukation. Das Wissen wie sich manische und depressive Episoden ankündigen und wie die Phasen ablaufen, unterstützt Betroffene im Umgang mit sich selbst.
Um einen ersten Überblick zu gewinnen, ob Sie möglicherweise an einer Bipolaren Störung leiden, bietet Curamenta Ihnen einen Selbsttest Hypomanie & Manie an. Er liefert jedoch keine Diagnose. Diese kann nur durch ärztliche Abklärung erfolgen. Bitte zögern Sie nicht, bei Unsicherheit einen Termin bei einer Ärztin oder einem Arzt abzumachen.