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Kann ich meinen Therapeuten wechseln?

Einzel- und Gruppentherapie sind zentrale Bausteine der stationären Behandlung in psychiatrischen und psychosomatischen Kliniken. Was aber, wenn man sich bei seiner Therapeutin, seinem Therapeuten nicht gut aufgehoben fühlt? Ein Wechsel ist in Ausnahmefällen möglich, oft aber gibt es eine andere Lösung.

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Foto von Alex Green (Pexels)

Über seine Gefühle sprechen. Überhaupt herausfinden, was einen innerlich beschäftigt und Worte dafür finden. Und sich dann noch bewusstwerden, welche Gedanken damit verbunden sind: Gesprächspsychotherapie ist für viele Patientinnen und Patienten mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angsterkrankungen oder Essstörungen ungewohnt. Zumal, wenn sie zum ersten Mal stationär in einer psychiatrischen und psychosomatischen Klinik aufgenommen sind. Gerade weil es eine sehr persönliche Sache ist, seine privatesten Empfindungen mit einer fremden Person zu teilen, hängt der Erfolg der Therapie maßgeblich von der Beziehung zur Therapeutin oder zum Therapeuten ab. Fühlt man sich gut aufgehoben, gelingt dies auch meist. Schwieriger wird es, wenn man mit der oder dem anderen „einfach nicht kann“.


Dem Wechsel auf den Grund gehen

„Das kommt durchaus vor“, sagt Dr. Angelika Stern-Roser, „und dann muss man schauen, was der Grund ist.“ Die Fachärztin für Psychosomatik und Psychotherapie arbeitet in einer psychotherapeutischen Praxis in Kassel und blickt auf fast 30 Jahre Erfahrung in Kliniken zurück, darunter viele Jahre in leitender Funktion.

„Wendet sich jemand an uns mit dem Wunsch, den Einzeltherapeuten zu wechseln, fragen wir uns im Team zunächst, was genau den Patienten, die Patientin stört und ob es sich um einen sogenannten Widerstand handelt.“

Damit ist gemeint, dass frühe, unbewusste Erfahrungen auf die Therapeutin oder den Therapeuten übertragen werden. „Vielleicht wird kritisiert, dass die Therapeutin immer auf die Uhr guckt oder aus dem Fenster und der Patient, die Patientin fühlt sich nicht richtig gesehen und ist von ihrem Gegenüber enttäuscht“, schildert Dr. Stern-Roser eine ihr durchaus bekannte Situation. „Wir würden dann fragen, ob der Patient, die Patientin diese Emotionen der Enttäuschung und der empfundenen Ablehnung kennt. Und dann zeigt sich vielleicht, dass in der Kindheit schon der Vater oder die Mutter nie richtig Zeit für ihn oder sie hatte. Solche Menschen erwarten oft viel von anderen und fühlen sich schnell vernachlässigt.“ Einmal erkannt, macht die Therapie dann oft einen großen Entwicklungsschritt. Der Widerstand kann sich so als große Chance erweisen und der Wunsch nach einem Therapeutenwechsel ist ein wichtiges Symptom auf dem Weg zur Gesundung.

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Über den Wunsch kommunizieren

„Daher ist es eine grundsätzliche therapeutische Regel, dem Wunsch nach einem Therapeutenwechsel nicht ohne Weiteres stattzugeben", sagt die Medizinerin.
Ernstgenommen würde das Anliegen aber auf jeden Fall. Um eine Lösung zu finden, wird einerseits der Therapeut, die Therapeutin darüber informiert, dass jemand sich in der Einzel- oder Gruppentherapie unwohl fühlt. Umgekehrt wird aber auch der Patient, die Patientin gebeten, dies gegenüber der behandelnden Person anzusprechen. Da es sich potenziell um einen Konflikt handelt, kann auch dies bereits Teil der eigenen psychischen Erkrankung sein und einen großen Lerneffekt beinhalten. Dr. Stern-Roser berichtet:

„Wer sich unsicher ist, wie er dies am besten formuliert, bekommt manchmal einen guten Rat von einer Bezugsschwester, einem Bezugspfleger oder von einem anderen Teammitglied, dem man sich anvertraut.“


„In meiner gesamten beruflichen Laufbahn habe ich es nur selten erlebt, aber in Ausnahmefällen wurde dem Wunsch nach einem Therapeutenwechsel auch stattgegeben“, fügt sie hinzu. Dazu kam es, weil beide Seiten zu dem Schluss kamen, dass eine gemeinsame therapeutische Arbeit nicht möglich ist. So kann der Therapeut, die Therapeutin feststellen, dass ein Patient, eine Patientin nicht versteht, worum es in der Therapie geht – oder die Betreffenden können aus anderen Gründen, die sich nicht ausräumen lassen, einfach nicht mit ihrer Behandlerin, ihrem Behandler zusammenarbeiten. „In einem solchen Fall wurde der Wechsel zu einem anderen Therapeuten angeboten“, so Dr. Stern-Roser. Wird diese Möglichkeit angenommen, braucht die Krankenversicherung nicht darüber informiert zu werden.


Unfreiwilliger Wechsel ist häufig Lebensrealität

Oft kommt es in der Klinik aber auch zu einem unfreiwilligen Therapeutenwechsel. Ein Beispiel: Ein Patient ist für acht Wochen in der Klinik. Er beginnt die Psychotherapie bei einer Therapeutin, mit der er gut klarkommt. Nach zwei Wochen teilt sie ihm dann mit, dass sie jetzt in den dreiwöchigen Sommerurlaub geht und eine Kollegin die Therapie mit ihm fortsetzt. Mit ihr kommt er auch gut zurecht, aber nach einer Woche wird sie krank und eine dritte Kollegin übernimmt. „Solche Erfahrungen können durchaus zu Störgefühlen führen wie Frust oder Ärger“, sagt Dr. Stern-Roser. „Das ist nicht ideal für die Therapie“, aber eine solche nachvollziehbare Unzufriedenheit sei angesichts der personellen Ausstattung und unvorhersehbarer Ereignisse oft nicht zu vermeiden. Ihr Rat an Patientinnen und Patienten: „Arrangieren Sie sich für die Wochen in der Klinik damit und versuchen Sie trotzdem, sich zu öffnen und von der Therapie zu profitieren.“

Anders sieht es aus, wenn jemand sich im Anschluss oder auch ohne Klinikaufenthalt für eine ambulante Psychotherapie entscheidet. „Wenn es gut läuft, arbeitet man ein, vielleicht zwei Jahre zusammen“, so Dr. Stern-Roser, „da sollte die Chemie stimmen und man sich verstanden fühlen.“ Ist das nicht der Fall, mache es keinen Sinn, eine Therapie „durchziehen zu wollen“, deren Erfolg von vornherein fraglich ist. „Dann ist es besser, sich woanders um einen Platz zu bemühen, auch wenn das mit Wartezeiten verbunden ist“, empfiehlt die erfahrene Therapeutin. Ein solcher Wechsel müsse jedoch der Krankenkasse gegenüber angezeigt und begründet werden. Wird auch das Verfahren gewechselt, etwa von Kognitiver Verhaltenstherapie zu Tiefenpsychologisch fundierter Psychotherapie, muss ein neuer Antrag gestellt werden.