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Sieben Mythen über Depressionen

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Schokolade
     Foto © Pexels

Schokolade gegen Antriebslosigkeit und sich einfach mal zusammenreißen? Psychische Erkrankungen werden nicht nur oft noch tabuisiert,  es halten sich zahlreiche irrtümliche Annahmen. Das gilt auch für Depressionen: Sieben Mythen – ein Faktencheck.

Depressionen sind längst eine Volkskrankheit: Rund 9,5 Millionen Menschen allein in Deutschland leiden derzeit daran. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und Suizidprävention geht sogar davon aus, dass insgesamt 45 Prozent der Bundesbürger von dieser seelischen Erkrankung betroffen sind: aufgrund einer eigenen Erkrankung (24%) oder indirekt als Angehörige (26%). Und obwohl die Berichterstattung und Aufklärung über Depressionen in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen haben, halten sich dennoch hartnäckig einige Falschannahmen über dieses psychische Leiden:

 

Mythos 1: Depressionen sind ein Zeichen von Schwäche.

Hinter diesem Mythos verbirgt sich ein Menschenbild, wonach Menschen immer leistungsfähig sein müssen. Das ist unrealistisch. Unabhängig davon kann jeder und jede eine Depression entwickeln, egal, ob Handwerker, Manager oder Hausfrau, Arbeitnehmer oder Arbeitsloser, Rentner oder Student, ob empfindsam oder robust. Zwar kann eine familiäre genetische Disposition die Erkrankung begünstigen, muss es aber nicht. Manchmal lassen sich Depressionen auf eine Zeit der Überforderung zurückführen, häufig führen aber verschiedene Ursachen dazu, dass ein Mensch an einer Depression erkrankt.

 

Mythos 2: Wer eine Depression hat, muss sich einfach nur zusammenreißen! 

Wenn es so einfach wäre. Wer etwa vor einer Prüfung mal einen Durchhänger hat, kann sich vielleicht „zusammenreißen“, um dann wieder mit Elan am Schreibtisch zu sitzen und zu lernen. Eine Depression hingegen ist eine psychische Erkrankung, die mindestens zwei Wochen am Stück andauern muss und das Leben insgesamt grau und trostlos erscheinen lässt. Zu den wichtigsten Symptomen gehören eine depressive Grundstimmung, Antriebslosigkeit und das Gefühl, keine Freude mehr empfinden zu können. Konzentrationsstörungen, Appetitverlust, Schlafstörungen, starke Selbstzweifel und suizidale Gedanken können hinzukommen. Betroffenen gelingt es oft nicht, sich allein aus diesem Zustand zu befreien. Sie brauchen therapeutische Hilfe.

 

Mythos 3: Nur Frauen erkranken an Depressionen. 

Das scheint nur auf den ersten Blick so. Tatsächlich wird im Vergleich zu männlichen Patienten bei etwa doppelt so vielen Frauen eine Depression diagnostiziert. Das liegt auch daran, dass Frauen eher zum Arzt gehen, wenn sie sich nicht gut fühlen. Männer wollen in der Regel länger „stark“ wirken (siehe Mythos 1). Was den Mythos außerdem nährt, ist die Tatsache, dass die klassischen Symptome eher auf Frauen zutreffen. Unter anderem die Gendermedizin hat aber gezeigt, dass Männer auch depressiv werden, sich das aber teils anders äußert: Sie reagieren eher gereizt und tendenziell aggressiver als zuvor. Dazu neigen sie zu einem insgesamt erhöhten risikobereiten und selbstgefährdenden Verhalten wie gesteigertem Alkoholkonsum oder schnellem Fahren.

 

Mythos 4: „Das ist keine Depression, das ist nur ein Burnout!“

Mag sein. Ein „Burnout“ ist keine offizielle psychiatrische Erkrankung, sondern wird in der neuen Klassifikation ICD11 geführt als Folge  von chronischem Arbeitsstress, der nicht bewältigt wurde. Zwar ähneln die Symptome zum Teil denen einer Depression, etwa niedergeschlagene Stimmung und Schlafstörungen. Als zentralen Unterschied nennen manche Experten aber, dass ein „Burnout“ meist nach einer längeren Phase der Überforderung auftritt, also einen deutlich erkennbaren Auslöser hat. Bei Depressionen ist dies häufig nicht der Fall. Da ein unbehandelter „Burnout“ aber in eine Depression übergehen kann, sollten sich Betroffene auch bei anhaltender Erschöpfung durch zu viel Arbeit Hilfe holen.

 

Mythos 5: „Bei einer Depression sollte sich jemand einfach mal richtig ausschlafen!“

Eher nicht! Zwar ist es richtig, dass depressive Menschen unter Schlafstörungen leiden. Doch zu viel Ruhe am Tag und der Versuch, dann Schlaf nachzuholen, kann die Symptomatik sogar noch verstärken. Psychiatrische Kliniken setzen deshalb unter anderem Schlafentzug als therapeutische Maßnahme ein. Betroffene profitieren außerdem davon, wieder in die Aktivität zu kommen und sich an der frischen Luft zu bewegen. Dadurch kommen der Stoffwechsel im Körper und im Gehirn besser in Gang. Das Gehirn wird besser durchblutet und mit mehr Sauerstoff versorgt. Sport und körperliche Aktivität haben sich als bewährte ergänzende Methoden bei der Behandlung von Depressionen erwiesen, wie viele Studien gezeigt haben.

 

Mythos 6: Antidepressiva machen abhängig.

Moderne Antidepressiva können Nebenwirkungen haben und etwa zu einer Gewichtszunahme führen. Abhängig machen sie nicht – anders als Beruhigungsmittel aus der Gruppe der Benzodiazepine, mit denen früher Depressionen behandelt wurden. Diese bergen ein hohes Risiko für eine Abhängigkeit und eignen sich nicht für eine Langzeitmedikation. Zur Therapie einer Depression sehen die aktuellen medizinischen Leitlinien bei leichten Formen Psychotherapie und bei mittelgradigen Formen Psychotherapie oder Antidepressiva vor. 

 

Mythos 7: Bei Depressionen hilft es, Schokolade zu essen.

Was nach Küchenpsychologie klingt, nannte jeder Fünfte in einer Umfrage der Deutschen Depressionshilfe als geeignet, um einer Depression wirksam zu begegnen. Zwar führt Schokolade dazu, dass im Gehirn das Glückshormon Dopamin ausgeschüttet wird. Kurzfristig. Danach kann die Welt aber noch trister erscheinen. Zudem schadet zu viel Zucker dem Mikrobiom im Darm, also der bakteriellen Besiedlung. Über die sogenannte Darm-Hirn-Achse kann dies weitere ungünstige Auswirkungen haben. Eine ballaststoffreiche Ernährung mit viel Gemüse und etwa Walnüssen hingegen fördert die Besiedlung im Darm mit nützlichen Bakterien und unterstützt so das psychische Wohlbefinden.