Gemeinsam geht vieles im Leben leichter. Auch der Weg aus der Sucht kann leichter sein, wenn man ihn mit anderen geht. Dazu gibt es am LWL-Klinikum Marsberg die Suchtgruppe für junge Erwachsene. Dort sind junge Menschen aus ganz Deutschland willkommen. Gegründet wurde die Gruppe von Dr. med. Michael Lautenbach, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und Oberarzt der Suchtmedizin am Klinikum. Im Kurz-Interview spricht er über Gründe, Vorteile und Teilnahmebedingungen.
Herr Dr. Lautenbach, warum haben Sie eine Suchtgruppe für junge Menschen ins Leben gerufen?
Dr. med. Michael Lautenbach: Sucht hat viel mit Verhaltensmustern zu tun. Je jünger der Mensch, desto besser stehen die Chancen, aus dem Teufelskreis Sucht auszusteigen. Verhaltensmuster haben sich noch nicht über Jahrzehnte fest eingeschliffen. Generell gilt bei Suchterkrankungen: Je früher man sich professionelle Hilfe holt, desto besser. Die Suchtgruppe ist ein guter Therapiebaustein, um mit anderen jungen Menschen ins Gespräch zu kommen. Alle jungen Erwachsenen stehen bei unterschiedlichen Biografien und Suchtmitteln an dem gleichen Punkt: Gelingt es ihnen aus der Sucht auszusteigen?
Was ist der Vorteil, wenn sich dort nur jüngere Menschen untereinander austauschen?
Lautenbach: Wenn zum Beispiel ein 20-jähriger Heroinabhängiger in einer Gruppe mit einem 60-jährigen Alkoholiker sitzt, kommen beide aus unterschiedlichen Welten.
Man ist zur gleichen Zeit ähnlich aufgewachsen, streamt dieselben Serien und hört die gleiche Musik beziehungsweise weiß, wovon der andere spricht. In unserer Suchtgruppe erwähnte jemand zum Beispiel die Comicfigur Deadpool. Ältere hätten damit nichts anfangen können, aber den jungen Menschen war das sofort ein Begriff. Er musste nichts erklären. In der Suchtgruppe für junge Erwachsene finden die jungen Leute so ihre eigene Peergroup, also ihre soziale Gruppe. Junge Menschen orientieren sich lieber an Gleichaltrigen anstatt an Menschen, die ihre Eltern sein könnten. Suchtpatienten und -patientinnen müssen Aha-Erlebnisse selbst finden. Wenn sich die Gruppe darüber austauscht, welche Strategien bei Suchtdruck helfen könnten, kommt die Gruppe auf gute Strategien, die auch ihrer gemeinsamen Lebenswirklichkeit entsprechen.
Lautenbach: Interessierte können sich einfach melden. Sie müssen nicht Patient oder Patientin unserer Klinik gewesen sein. Solche Gruppenangebote sind auch eine gute Präventionsmöglichkeit. Einzige Voraussetzung für die Teilnehmenden ist zuerst die Motivation zur Veränderung. Die Gruppe ist offen und Interessierte können jederzeit einsteigen.