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Fragen und Antworten zur psychiatrischen Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht

Das Recht auf Selbstbestimmung verändert auch die Psychiatrie. Menschen mit psychischen Vorerkrankungen oder entsprechenden genetischen Veranlagungen können in speziellen psychiatrischen Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten festlegen, wie sie im Falle einer psychiatrischen Krise behandelt werden möchten – und wie nicht. Wie handhabt man diese Verfügungen, worauf ist beim Erstellen zu achten? Unser Q&A klärt die wichtigsten Fragen.

 

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Was ist eine psychiatrische Patientenverfügung?

 

Eine psychiatrische Patientenverfügung ist ein Schriftstück, das jede volljährige erwachsene Person aufsetzen kann. Diese Sonderform der allgemeinen Patientenverfügung  gilt für den Fall, dass Sie aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage sind, mitzuteilen, wie Sie hinsichtlich dieser Erkrankung medizinisch behandelt werden möchten. Dies könnte etwa bei einer schweren Depression, einer akuten Psychose oder einer Demenz vorübergehend oder dauerhaft der Fall sein. Mit Ihrer Unterschrift wird das Dokument rechtskräftig. Zwar muss es nicht notariell beglaubigt werden, in der Umsetzung kann aber der Stempel einer Fachanwältin oder eines Notars hilfreich sein – ebenso das Hinterlegen des Schriftstücks bei der Bundesnotarkammer . Einen Vordruck für eine Patientenverfügung mit sehr ausführlicher Erläuterung  gibt es online etwa beim Netzwerk Psychiatrie München e.V. Um alle Details zu berücksichtigen, kann eine anwaltliche oder notarielle Beratung empfehlenswert sein. Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN)  erarbeitet derzeit eine Handreichung für Patientinnen und Patienten.

Was steht in einer psychiatrischen Patientenverfügung?

Sie können verschiedene Aspekte Ihrer Behandlung definieren und sollten dies auch möglichst präzise tun. Dazu gehören im Wesentlichen:

Ort der Behandlung.

Legen Sie fest, ob Sie zuhause, in einer Klinik (evtl. sogar in welcher) oder einer anderen Einrichtung behandelt werden möchten.

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Behandler

Form der Behandlung.

Benennen Sie eindeutig, welche Therapieform(en) Sie bevorzugen und welche Sie auf jeden Fall ablehnen (etwa Elektrokrampftherapie). Das Gleiche gilt für Medikamente. Falls Sie zum Beispiel schon wissen, dass Sie bestimmte Medikamente nicht gut vertragen, können Sie dies vermerken und stattdessen solche verlangen, die Ihnen erfahrungsgemäß besser helfen. Oder natürlich Medikamente ganz ablehnen.

Zwangsmaßnahmen

Formulieren Sie, unter welchen Umständen Sie Zwangsmaßnahmen wie Unterbringung in der geschlossenen Abteilung einer psychiatrischen Klinik, einer Isolierung oder Fixierung zustimmen, diese ablehne oder was davon für Sie eher akzeptabel wäre.

Benennen Sie mit Namen, Adresse und Telefonnummer einen Menschen, dem Sie vertrauen und der sicherstellt, dass Ihre hier niedergelegten Wünsche respektiert und umgesetzt werden. Idealerweise handelt es sich dabei um eine Person, der Sie für die oben beschriebene Situation auch eine Vorsorgevollmacht erteilt haben.

Informationsaustausch

Um sicherzustellen, dass Ihr Bevollmächtigter bzw. Ihre Bevollmächtigte Auskünfte über Diagnosen und Ihre geplante Behandlung bekommt, halten Sie fest, dass die ärztliche Schweigepflicht gegenüber dieser Person aufgehoben sein soll.

Persönliche Werte

Schildern Sie kurz, welche Wertvorstellungen Sie als Mensch haben und wie Sie generell über die medizinische Behandlung bei einer psychischen Erkrankung denken. Dieser Absatz untermauert die zuvor genannten Punkte.

Aktualisierung

Prüfen Sie Ihre psychiatrische Patientenverfügung regelmäßig (zum Beispiel alle zwei Jahre), um sicher zu gehen, dass sie noch aktuell ist und weiterhin Ihren Vorstellungen entspricht.

Ist eine solche Patientenverfügung rechtlich bindend?

Zunächst einmal ist sie für medizinisches Personal rechtlich bindend. Dies gilt jedoch nicht, wenn Zwangsmaßnahmen der Gefahrenabwehr bei Eigen- oder Fremdgefährdung dienen. Eine Patientenverfügung kann in einem solchen Fall die „Unterbringung nach dem PsychKG “ nicht verhindern. Gleichwohl soll dabei das „mildest verfügbare Mittel“ gewählt werden. Dies gilt auch für die betreuungsrechtliche Unterbringung (BGB).

 

Was ist der Unterschied zu einer herkömmlichen Patientenverfügung?

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Vorsorge
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Eine allgemeine Patientenverfügung hält fest, welche medizinische Versorgung Sie sich wünschen, wenn Ihr Tod aller Wahrscheinlichkeit nach kurz bevorsteht und Sie selbst nicht mehr in der Lage sind, sich zu einer möglichen Behandlung zu äußern. Eine solche Situation kann zum Beispiel bei einer schwerwiegenden Erkrankung oder nach einem Unfall eintreten. Sie können im Rahmen einer herkömmlichen Patientenverfügung etwa bestimmen, ob Sie lebensverlängernde Maßnahmen wünschen oder nicht und wenn ja, in welchem Umfang. Das Bundesjustizministerium (BMJ) stellt dazu Informationen, Textbausteine und Vordrucke bereit . Parallel empfiehlt sich auch hier eine Vorsorgevollmacht. Vorlagen und Informationen gibt es ebenfalls auf den Seiten des BMJ. Eine allgemeine Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht ist für alle Menschen ratsam und sollte die hier besprochene psychiatrische Patientenverfügung ergänzen.

 

Für wen könnte eine psychiatrische Patientenverfügung sinnvoll sein?

Sie empfiehlt sich vor allem für Menschen mit psychischen Vorerkrankungen und/oder entsprechenden genetischen Vorbelastungen oder schwerwiegenden traumatischen Erfahrungen. In Phasen einer schweren bipolaren Störung oder einer Schizophrenie könnte die eigene Einwilligungsfähigkeit vorübergehend eingeschränkt sein, bei einer fortschreitenden Demenz sogar dauerhaft.

 

Was ist eine psychiatrische Vorsorgevollmacht?

Es handelt sich ebenfalls um ein Schriftstück, das Ihren Willen festhält. Damit ermächtigen Sie einen Menschen in Ihrem Sinne zu handeln, wenn Sie selbst aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage sind, sich zur Art und Weise Ihrer psychiatrischen Behandlung zu äußern. Die Vorgehensweise haben Sie in Ihrer psychiatrischen Patientenverfügung festgelegt. Mit der betreffenden Person sollten Sie zuvor ausführlich gesprochen und sichergestellt haben, dass sie diese Aufgabe auch wirklich übernehmen möchte. Sie unterschreiben selbst, am besten ebenso der oder die Bevollmächtigte. Sie erhalten beide ein Original. Zusätzlich können Sie auch dieses Dokument im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer  anmelden; Ärztinnen und Ärzte erfahren so unmittelbar von dessen Existenz. Der oder die Bevollmächtigte sollte ebenfalls ein zweites Original Ihrer psychiatrischen Patientenverfügung vorliegen haben. Da eine Vorsorgevollmacht deutliche Rechte einräumt, sollten Sie diese wirklich nur einer Person erteilen, der Sie vertrauen. Alternativ zu einer Vorsorgevollmacht können Sie auch eine Betreuungsverfügung  verfassen und darin einen „Betreuer“ oder eine „Betreuerin“ benennen. Diese wird dann von einem Gericht bestätigt und auch kontrolliert. Liegt weder eine Vorsorgevollmacht noch eine Betreuungsverfügung vor, benennt im Zweifelsfall ein Gericht einen gesetzlichen Betreuer.